Meine 7 Key Take-aways von der GALA 2023

27. März 2023
Meine 7 Key Take-aways von der GALA 2023

Die 4 Tage Dublin auf der GALA 2023 brachten wie immer zahlreiche Gespräche, Treffen und Austausch mit vielen alten Freund:innen und neuen Gesichtern: Es war großartig zu sehen, dass sich GALA mit seinem Spirit des offenen Meinungsaustauschs kein bisschen verändert hat. Und auch die Jahre der kargen Konferenzen sind vorbei: Die GALA 2023 in Dublin hatte 485 Teilnehmende und verfehlte damit nur um ein Dutzend die Rekordzahl aus 2019 in München.

Meine 7 Key Take-aways von der GALA 2023 von Klaus Fleischmann

Gleich zu Beginn des GALA Business Meetings wurde auch deutlich, dass sich GALA in den letzten Jahren viele Gedanken über die Zukunft unserer Branche und der Organisation selbst gemacht hat. Alison Ferch und der gesamte GALA-Vorstand legten einen strategischen Rahmen mit vier Schwerpunktbereichen vor: Technologie, Geschäftsmodelle, "Nachwuchs" und Branchenauswirkungen. Und selbstverständlich war das Programm der Konferenz völlig auf diese Bereiche abgestimmt.

1) Technologie

Die jüngsten Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz bieten eine einzigartige Chance für unsere Branche, zur Entwicklung der Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt beizutragen. Wenn wir es richtig angehen, können wir nicht nur die Erstellung und Übersetzung von Inhalten revolutionieren, sondern auch endlich die Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit erreichen, von der wir schon so lange träumen. Aus vielen Präsentationen in Dublin ging klar hervor, dass große Sprachmodelle und NMT zwar verblüffende Fortschritte machen, aber in der professionellen Umsetzung immer von Menschen gesteuert und geprüft werden müssen ("human in the loop"). Und als Übersetzungsdienstleister wissen wir ja von der Umsetzung von maschinellen Übersetzungen schon, wie das geht. Es ist also an der Zeit, das verstaubte Image des Übersetzenden endlich abzulegen und unsere Branche als High-Tech Global Content Profis zu präsentieren.

2) Geschäftsmodelle

Wie immer gab es eine Menge Diskussionen über das Thema Wortpreis und der Preisspirale nach unten. Ich persönlich glaube aber nicht daran, dass wir das "Wort" als Maßeinheit unserer Branche hinter uns lassen können, und ich glaube auch nicht daran, dass die Maßeinheit des Wortes Schuld am Preisdruck hat. Vielmehr denke ich, dass wir gerade jetzt in Verbindung mit KI-gestützten Produktionsprozessen neu definieren können und müssen, was ein "Wort" eigentlich ist: Welchen Wert hat ein Wort, welche Auswirkungen hat es auf das Unternehmen und die Brand? Wir sollten nicht alle Wörter über einen Kamm scheren, sondern die ewige Qualitätsdiskussion endlich auf den Zweck und den "Impact" eines Worts lenken. Also nicht grundsätzlich das Wort als Einheitsgröße verteufeln, sondern sensibilisieren, dass wir Wörter je nach Content und dessen Auswirkungen unterschiedlich gewichten müssen.

Auf der GALA konnten wir schon erste konkrete Schritte in diese Richtung sehen: Die großartigen Beiträge und Pläne der GALA Interessensgruppe Quality Management und auch die gerade erst neu veröffentlichte ASTM 2575 verfolgen beide dieses Ziel. Nämlich den Fokus auf den Zweck und "Wert" eines Wortes zu legen und davon abzuleiten, wie es produziert werden muss und was daher auch die Kosten sind.

3) "Nachwuchs"

Die große Frage rund um den Arbeitskräftemangel ist, wie wir junge Menschen für unsere Branche begeistern können. Ich glaube zwar nicht, dass sich die neue Generation grundlegend von der früheren unterscheidet, wie dies oft stipuliert wird, aber sie hat viel mehr Möglichkeiten und Entscheidungsfreiheiten. Die Darstellung des Übersetzungsberufs als verstaubtes und kompliziertes sprachliches "Detektivspiel" ist zwar witzig, aber aus meiner Sicht nicht der richtige oder zumindest nicht der einzige Ansatz, unsere Branche schmackhaft zu machen. Junge Menschen leben in einer Zeit, in der digitale Nomad:innen, Home-Office und Flexibilität eher die Norm als die Ausnahme sind. Und welcher Beruf eignet sich besser dafür als der unsere! An der Spitze einer sich verändernden Welt der künstlichen Intelligenz zu stehen, wann und wo auch immer zu arbeiten und ständig neu gefordert zu werden - das ist es doch, was junge Menschen möchten. Machen wir das doch zu unserem Image!

Und noch etwas zum Plan vieler Image-Initiativen rund um das Übersetzen: Ja, wir müssen mit Bildungseinrichtungen und Eltern kommunizieren, um die Stabilität und Zukunftssicherheit unserer Branche zu vermitteln. Und es ist großartig, dass einschlägige Universitäten bereits 20 % der GALA-Mitglieder ausmachen. Aber ich denke, wir sollten uns nicht auf Übersetzungs- oder Sprachuniversitäten konzentrieren. Ich glaube vielmehr, dass wir in Zukunft nicht nur ausgebildete Übersetzende brauchen, sondern auch Fachleute, die "zufällig" mehrsprachig sind. Und die finden wir nicht nur an "unseren" Universitäten, sondern in allen Disziplinen. Ich denke, wir müssen uns auf diese neuen Anforderungen einstellen und entsprechende Sichtbarkeitskampagnen auf breiterer Basis starten.

4) Branchenauswirkungen

Auch bei den Auswirkungen auf Geschäftsmodelle ist die Technologie im Fokus. Es ist inzwischen klar, dass sich KI durchsetzen und Auswirkungen auf unser eigenes Geschäft, aber auch das unserer Kund:innen haben wird. Wir müssen also lernen, wie wir maschinelle Übersetzung und große generative Sprachmodelle professionell und geschickt einsetzen. Es ist zwar noch nicht klar, wie sich die Interaktion dieser beiden Technologien entwickeln wird und welche Rolle der Mensch genau einnehmen wird, aber es ist klar, dass wir "von einem menschengesteuerten Prozess zu einem maschinengesteuerten Prozess mit menschlicher Aufsicht übergehen", wie Wayne Bourland von DELL es ausdrückte.

5) Neuronale MÜ oder große Sprachmodelle (LLMs)

Wohin geht die technologische Reise? Aktuell sind große Sprachmodelle teurer, langsamer und schwieriger in unseren Prozess einzubinden. Außerdem sind sie weniger vorhersehbar als unsere bereits sehr fortgeschrittenen NMT-Engines. Marco Trombetti definiert ChatGPT in seiner wunderbaren Abschluss-Keynote als Technologie zum "unglaublich genauen Vorhersagen des nächsten Wortes". Eine ausgezeichnete und einfache Erklärung für generative KI. Und natürlich werden LLMs immer besser: Während sie im Jahr 2000 die letzten drei Wörter und 2010 die letzten fünf Wörter zur Vorhersage des nächsten Wortes heranziehen konnten, stieg diese Zahl bis 2020 auf 1.500 Wörter und 2023 auf 25.000 Wörter.

LLMs produzieren damit Texte fließender als maschinelle Übersetzungssysteme, aber weniger genau. Oder anders ausgedrückt: GPT-Output ist sehr flüssig und ziemlich zuverlässig, während NMT-Output sehr zuverlässig und ziemlich flüssig ist. Das liegt daran, dass die NMT stärker gesteuert ist, denn schließlich hat sie einen kompletten Ausgangstext als Input zur Verfügung. LLMs werden sich auf unser Geschäft dort auswirken, wo wir viel Content schreiben, umstrukturieren oder zusammenfassen. Da aber durch KI auch immer mehr Content erstellt wird, werden wir auch immer mehr Übersetzungen brauchen. Und damit komme ich auf Punkte 1 und 4 zurück: Wir brauchen flexible Produktionsmethoden, mit denen wir Content produzieren können, der den Wert, den Business Impact und das Kommunikationsziel als Qualitätsziel und damit Preis mit einberechnet.

6) Keine GALA-Konferenz ohne Keynote!

Und bei GALA präsentiert diese meistens eine Sicht von außerhalb unserer Branche. So auch die diesjährige Keynote: David Siegel, der CEO von Meetup und Autor von "Decide and Conquer", sprach über Entscheidungen und deren Auswirkungen. Von den Top 10 seiner Liste fand ich 4 Punkte besonders erwähnenswert: Bei jeder Entscheidung sollten wir uns überlegen, ob sie mehr Optionen eröffnet oder eher Türen schließt und Möglichkeiten einschränkt. Beim Treffen von Entscheidungen denken manche von uns eher langfristig, andere eher kurzfristiger; David empfiehlt, bewusst Meinungen zu suchen, die diese Tendenz ausgleichen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist es, generell transparent und ehrlich zu kommunizieren, um in unserem Umfeld Vertrauen aufzubauen und böse Überraschungen zu vermeiden. Und schließlich sollten wir uns unserer "Biases" bewusst sein, wie z. B. Recency Bias, Confirmation Bias, Status Quo oder Sunk Cost Fallacy, denn sie beeinflussen unsere Entscheidungen unbewusst - und nicht immer positiv.

7) Die Zukunft

Zu guter Letzt noch: Was bedeutet all dies für unsere strategische Ausrichtung als Kaleidoscope-Gruppe? GALA hat deutlich gezeigt, dass Technologie auch weiterhin der Haupttreiber für Veränderungen und erfolgreiche Geschäftsmodelle sein wird. Damit sehe ich einmal mehr unseren Fokus auf Technologie und auf "Global Content" bestätigt und denke, dass wir mit dieser Positionierung bestens durchstarten können. Für Maschinelle Übersetzung und dynamisches Qualitätsmanagement sind wir mit unserer eigenen Technologie und der unserer Partnerunternehmen ideal aufgestellt. Nebenbei bemerkt war es auch spannend zu sehen, wie viele auf den Global SEO-Zug aufgesprungen sind, es aber nicht wirklich ein Tool gibt, dass genau die "globale SEO" unterstützt, also beispielsweise weniger segmentbasiertes Arbeiten, mehr Fokus auf Suchabsicht, URL-Lokalisierung, Keyword Ranking etc. Dies und die zukünftige Dominanz von KI in der Content-Produktion und die "Human in the Loop"-Überwachungsrolle sollten in unserer Vision sein, wenn wir mit der Neuentwicklung unserer Qualitätsbewertungsplattform Globalreview beginnen. Ich denke, die Zeit ist reif für einen neuen Ansatz zur "Überprüfung" von Übersetzungen, der alle oben genannten Punkte 1 bis 6 berücksichtigen sollte.

Das sind meine 7 Key Take-aways von der GALA 2023. Was sind Ihre?

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